Adler­augen hat keiner
Leser schauen bei „brillen­hammer“ hinter Kulissen

 

Bei „brillenhammer“ hat das Handwerk glasigen Boden. Was Optiker bis zum gestochen scharfen Durchblick durch die Sehhilfen ihrer Kunden leisten, haben zwölf RHEINPFALZ-Leser am Samstag bei der Sommertour ins Cura-Center erfahren.

 

„Ich bin froh, dass ich mitgegangen bin“, sagt Dieter Stadler (59) am Ende der vierstündigen Exkursion. Die Teilnehmer haben Einblicke in das Optiker-Handwerk von der Messung der Sehstärke und Hornhaut inklusive 3-D-Scan bis zum letzten Gläserschliff in der Werkstatt von „brillenhammer“ erhalten.

 

„Jetzt verstehe ich, warum meine Brille 800 Euro gekostet hat“, sagt Anna Altinger (67) und kehrt begeistert zurück zu kalten Getränken und Brezeln, die drei Optiker und eine Auszubildende im Kundenbereich anbieten. Zu Beginn teilt Augenoptikermeister Hansjörg Hofmann die Teilnehmer in drei Gruppen ein. Stationen: digitale Vermessung, Kontaktlinsen und Sehhilfen, wenn die Brille nicht mehr ausreicht, und dieWerkstatt.

 

„Die Hornhaut hält sich nicht immer an den rechten Winkel“, erklärt Hofmann am „iProfiler“, dem Gerät, das Sehkraft auch bei Dunkelheit misst. Teilnehmer Wolfgang Thiele (65) stellt sich als erster zur Augenvermessung zur Verfügung. Er fahre nicht gerne im Dunklen Auto, sagt er. Damit habe jeder Verkehrsteilnehmer Schwierigkeiten, ist Hofmann überzeugt. „Wer das abstreitet, lügt.“ Verminderte Sehkraft verursache ebenso viele Unfälle wie Alkohol. „Der Sehtest für Autofahrer sollte alle fünf Jahre wiederholt werden“, schließt Hoffmann.

 

„Gleitsicht ist wie ein Schuh für alle Gelegenheiten“, erklärt Optiker Alexander Kern im Raum nebenan beim 3-D-Modus. Diese Vorstellung belustigt seine Zuhörer. „Von Highheels bis zum Gummistiefel ist es ein weiter Weg“, sagt Kern. Jeder Mensch habe ein Führungsauge, vergleichbar mit Rechts- und Linkshänder, fährt er fort. Je nach Ausrichtung erkennen die Teilnehmer entweder einen Hund oder eine Katze. „Erstaunlich“, ruft Altinger. Besonders begeistern sie die „Lesesteine“, die der Optiker im Anschluss vorführt. „Das wäre etwas für meine 104-jährige Tante“, ist die Teilnehmerin sicher. „Augen tränen, wenn sie zu trocken sind“, so Kern. „Das ist zwar unlogisch, aber eine Tatsache“, betont er.

 

Aceton-, Spiritus- und Benzinflaschen stehen säuberlich aufgereiht im Werkstattregal. Optikerin Ute Hauenstein schleift ein Brillenglas. Das geht weder geräusch- noch geruchlos vor sich. Auch Stadler darf den Handschleifer bedienen. „Wenn wir Glas für hohe Stärken schleifen, bringt das unangenehme Gerüche mit sich“, erklärt Hauenstein.

 

„Schielen darf nur der Augenarzt korrigieren.“ Hofmann weist auf Grenzen des ansonsten sehr vielfältigen Optiker-Berufs hin. „Adleraugen hat kein Mensch. Denn die haben 1000 Prozent Sehkraft“, beruhigt er Walter Kuhn (79), der gerade eine Star-Operation hinter sich hat. „Wir sollten Veranstaltungen dieser Art künftig regelmäßig anbieten“, überlegt Kern am Ende des Vormittags. „Das war für uns und die Teilnehmer interessant.“ | kya

 

Bildunterschrift: Augenoptikermeister erklärt sein Handwerk: Hansjörg Hofmann (rechts) vermisst hier gerade bei Peter Geipel die Augen.
Foto: Lenz
Artikel von DIE RHEINPFALZ — NR. 183, MONTAG, 8. AUGUST 2016